TraumaPädagogik
TraumaPädagogik
Pädagogischer Umgang mit traumatisierten Kindern
Die größte anzunehmende Herausforderung für die psychische Bewältigungsfähigkeit eines Menschen ist ein Trauma. Da eine Traumatisierung, zumal wenn sie durch andere Menschen verursacht ist, ein soziales Ereignis ist, hat sie schwerwiegende Folgen für das künftige Grundvertrauen in andere Menschen sowie die Fähigkeit zur Gestaltung befriedigender sozialer Beziehungen. Dies gilt vor allem für die ersten Lebensjahre, wenn das Angewiesensein auf andere Menschen am größten ist, während die psychischen und cerebralen Strukturen zur Bewältigung von Traumafolgen noch kaum ausgebildet sind. Im Unterschied zu den Folgen bei erwachsenen Traumaopfern wird ein Kind durch traumatische Ereignisse wie etwa Gewalt- und Vernachlässigungserfahrungen, Trennungen oder sexuelle Ausbeutung, die auf eine noch nicht vollständig ausgebildete Persönlichkeit stoßen, in seiner gesamten Entwicklungsfähigkeit getroffen.
Daher sind Kinder und Jugendliche, besonders wenn sie durch ihre unmittelbaren Bezugspersonen früh in existentielle Notlagen geraten sind, in besonderem Maße in ihrem Menschsein belastet. Weil traumatisierte Kinder oft keine angemessene, d.h. in ihrem sozialen Nahumfeld angesiedelte Unterstützung finden können, um den erlittenen Bedrohungen ihres Lebens und ihrer psychischen Gesundheit zu entgehen, müssen sie eigene, weitgehend unbewusste intrapsychische Strategien entwickeln, um ihr Überleben zu sichern.
Meist sind gerade diese, durch die Psychotraumatologie auch in ihrer neurologischen Dimension untersuchten Schutz- und Abwehrmechanismen der Psyche Ursache für gravierende Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungs- und Beziehungsstörungen.
Angehörige sozialer Berufe, die mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen arbeiten, begegnen diesen häufig nicht nur auf einer alltagspädagogischen Ebene (z.B. beim Gestalten des Tagesablaufs, bei gemeinsamen Mahlzeiten, bei Hausaufgabenhilfen etc.). Zu den spezifischen Anforderungen ihres Arbeitsfeldes gehört es vor allem, tragfähige persönliche Beziehungen aufzubauen und "unter Bedingungen aufrecht zu erhalten, die häufig durch Erfahrungen der Aggression und Autoaggression, des Leidens und Schmerzes usw. gekennzeichnet sind." (Marquard [u.a.], 1993). Reinszenierung von erlebter Gewalt in Beschimpfungen, körperlichen Aggressionen oder sexueller Übergriffigkeit, unberechenbare Stimmungswechsel oder extremes Vermeidungsverhalten sind nur einige der Verhaltensmuster, mit denen ErzieherInnen und SozialpädagogInnen in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe täglich konfrontiert sind (vgl. Weiß, 2004).
Es ist daher sinnvoll, über die Grenzen der Pädagogik hinaus auf das zu blicken, was bewährte traumatherapeutische und psychotraumatologische Ansätze sowohl an Erklärungsmodellen wie auch an Methoden und Handlungsalternativen im Heilungsprozess von traumatisierten Kindern und Erwachsenen anbieten können. Auch neuere Erkenntnisse der Hirnforschung sowie das gesicherte Wissen der Bindungstheorie sind Grundlage und Ausgangspunkt für eine interdisziplinäre, anwendungs- und lösungsorientierte Form von TraumaPädagogik.